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Zeichnung des Malers Franz Zellner
Prager Brückensturz, im Hochaltar der Pfarrkirche Binabiburg

Kirchen prägen das Bild von Städten und Dörfern. Wenn auch die selbstverständliche Verknüpfung von Leben und Glauben längst auseinander gebrochen ist, so führt doch viele Menschen in fremden Orten der erste Weg in das Gotteshaus; sicherlich mit sehr unterschiedlichen Erwartungen - die die einen suchen die Kunst und werden gewöhnlich auch fündig. Die Kunstwerke sind nicht der Endzweck, sondern sie wollen den Menschen eine Brücke bauen zu einer jenseitigen Wirklichkeit, als Medium in eine andere Welt. So begegnen wir in unseren Kirchen Kunstwerke einer anderen Dimension. Kunsthistorische Brücken werden am Hochaltar der Pfarrkirche Binabiburg durch die „geheimen Welten“, einer in die Marmorierung des Altares eingebrachte Zeichnung des Maler Franz Zellner vermittelt.

Der heutige Hochaltar in der Pfarrkirche war vor seiner Renovierung in den sechziger Jahren der Nebenaltar oder Kreuzaltar. Er stand in einer heute zugemauerten Muschelnische an der südlichen Langhausseite. Dieser Altar gehörte zu einer Messstiftung des Benefiziums Sankt Dorothea. Das dazu gehörige Wohnhaus für den Benefiziaten, befindet sich heute noch nördlich der Pfarrkirche, mit einem „Lebensuhr“ Gemälde an der Hauswand. Das Patronat über diese Messe am Kreuzaltar hatten die Binabiburger Adeligen der Puechpeckh. Die adeligen Schlossbesitzer der Haushaimer auf Binabiburg übernahmen diese Kreuzaltar-Messe und stifteten im Jahr 1757 diesen heutigen spätbarocken Altar. Das Allianzwappen im oberen Teil erinnert an die Adeligen Puchbeckh und den Haushaimer. Der Altar wurde von den Vilsbiburgern Schreinermeister Johann Oberlechner und Bildhauer Johann Wagner gefertigt. Zur Erstellung der Altäre arbeiten Bildhauer mit Altarschreinern (Kistler) und Goldaufleger und Marmorierern, den Fassmalern, Hand in Hand. Der Fassmaler gibt dem Produkt noch den nötigen Glanz durch die Vergoldung und bringt die Materialillusion zur Vollkommenheit. Die Marmorierung am Altar sollte dem billigen Werkstoff Holz, das Aussehen von dem für kleine Pfarreien unerschwinglichen Marmor verleihen.

Die Assistenzfiguren auf den Überbauten beim Binabiburger Hochaltar sind der heilige Franz Xaver und Johannes von Nepomuk. Auf letzteren beziehen sind auch die für den Fassmaler Franz Xaver Zellner zeittypische Szenen-Strichzeichnung, dem Prager Brückensturz, die nur aus nächster Nähe zu erkennen ist, welche der Maler in die Altarmarmorierung einfließen lässt. Der Maler ist der Meister der „geheimen Welten“ in der Marmorierung. Die Strichzeichnung erkennt man beim Binabiburger Hochaltar auf der rechten Altarseite, ganz rechts außen, in etwa Augenhöhe. Die Änderungen und Zeichnungen der Marmorierung nehmen kleine skizzenhafte Darstellungen von Figuren, Szenen und Landschaften auf, die sich erst der nahen Betrachtung erschließen. Zuerst ist es der Künstler, der die Idee haben muss, seine Marmorierungen umzudeuten, dann sind wir es, die die Idee haben müssen, im „Stein“ nach dem Geheimen zu suchen. Erst wenn wir uns von der Erwartungshaltung entfernt haben, Marmor oder Farbe zu sehen, erkennen wir dessen Innenleben - die Zeichnung mit dem Prager Brückensturz.

Dr. Fritz Markmiller aus Dingolfing hat den Fassmaler Franz Xaver Zellner näher untersucht. Zellner ist seit 1762 in Erding ansässig. Er ist der Sohn von Johann Georg Andreas Zellner, Maler in Furth im Wald, und seiner Gattin, der Maria Klara. Franz Xaver wurde am 21. Februar 1738 geboren, er heiratet am 17. Januar 1762 die Malerstochter Josepha Schalk. Franz Xaver stirbt am 29. Dezember 1788, tituliert als „kunstreicher Maler“. Sein Vater Georg Andreas Zellner aus Furth im Wald war ebenfalls Fassmaler und besorgte nach den Binabiburger Kirchenrechnungen von 1757, die erste Deckenausmalung in der Sankt Salvatorkirche auf dem Berg bei Binabiburg für 235 Gulden. Dieses Deckenfresko gefiel dem damaligen Pfarrer Franz Andreas Hözendorfer (von 1754 bis 1786 in Binabiburg) nicht, so dass die heutige Ausmalung durch Anton Scheitler aus Eggenfelden erfolgte. Außerdem macht Zellner Arbeiten am Hochaltar, an der Orgel, bemalen von fünf großen Statuen und andere Arbeiten. Franz Xaver Zellner erhebt sich wegen seiner „Perfektion“ im Marmorieren zum „artificiosus dominus“ (= kunstreicher Herr) und „pictor artificiosus“ (= kunstreicher Maler), wie er in den Pfarrrechnungen genannt wird. Die von Zellner gefassten Figuren haben das Merkmal, dass die Gesichtsfarbe und die Art, fast wie Porzellan erscheint, nur ein paar kleine Farbgebungen an den Wangen. Ein weiteres Merkmal ist das Auge. Im Augapfel macht Zellner nahe der Linse einen weißen Punkt, welcher die Einstrahlung des Lichtes reflektieren sollte, und der Figur ein leuchtendes Auge vermittelt. Die Marmornachahmungen der beiden Zellner, des Vaters und Sohnes, sind nahezu einzigartig. Einzigartig nicht im Bezug auf ihre Täuschungskraft, die „Echtheit des Steins“, einzigartig aber wegen des kapriziösen, phantastischen und künstlichen Innenlebens der Marmorierung, das sich dem Betrachter meist erst nach genauem Studium, ja nach einer Suche zwischen den Adern und der Maserung des Imitates entfaltet und hervortritt. Landschaften tun sich auf, Häuser, Hallen, Ruinen und Gestalten werden sichtbar, so auch bei den Altären in den Kirchen von Buchbach bei Velden und „Zu Unserer Lieben Frau“ in Baierbach bei Altfraunhofen, wo die Zellners als Fassmaler arbeiteten. Franz Zellner hat nicht nur den heutigen Hochaltar von Binabiburg marmoriert, er fasst 1757 in der Binabiburger Allerseelenkapelle (heute Leichenhaus) den Barbaraaltar und malt darin das Deckengewölbe „Erlösung aus dem Fegefeuer“.

Am Binabiburger Hochaltar erkennt das erwartungsvolle Auge inmitten der künstlerischen Marmorierung in einer schwarzen Strichzeichnung den Prager Brückensturz; eine steinerne Brücke, auf der sich Soldaten mit Hellebarden befinden. Zwei Männer werfen den Körper des Johannes von Nepomuk von der Brücke in die Moldau. Was wird Zellner dazu bewogen haben, dieses „geheimnisvolle Bildnis“ in die Marmorierung verewigt zu haben. Sicherlich das Zeitgeschehen um die Heiligsprechung des damals böhmischen „Modeheiligen“ Johannes Nepomuk im Jahr 1729. In vielen katholischen Kirchen wurden im 18. Jahrhundert Johann Nepomuk-Bruderschaften errichtet, auch in der Stifts- und Kollegiatkirche St. Martin in Landshut am 16. Mai 1737. Wallfahrtsziel in der Münchner Frauenkirche war neben dem heiligen Benno auch die Reliquie des Johannes Nepomuk in einem Bergkristallschrein. Betreut wurde dieser Schrein von der 1724 gegründeten Johannes Nepomuk-Bruderschaft. Herzog Karl Albert genehmigte die Münchner Bruderschaft landesherrlich am 11. Mai 1731 nachdem er am 14. Mai 1729 den Heiligen zum Bayerischen Landespatron erklärt hatte. Eine Johannes Nepomuk-Bruderschaft hat die Pfarrkirche Egglkofen. Am 20. März 1733 wurde sie durch Papst Clemens XII., und am 1. Mai 1733 von Fürstbischof Johann Theodor approbiert. Am Festtag des Johannes Nepomuk, dem 16. Mai 1733, wurde die Bruderschaft in der Pfarrei Egglkofen feierlich eingeführt.

Johannes Nepomuk (Patrozinium 16. Mai), stammte aus Pomuk in Böhmen. Die Anrede „Ne“ bezieht sich auf das „von“ (Johannes von Pomuk). Er war der Sohn einer gewissen Welfin, war seit 1370 Kleriker der Diözese Prag und später Generalvikar. Seit dem Jahre 1389 war er engster Mitarbeiter des Prager Erzbischofs. Er starb als Opfer des Beichtgeheimnisses. Als solcher wurde er in Jurisdiktionsstreitigkeiten mit König Wenzel verwickelt, festgenommen, gefoltert und am 20. März 1393 von der Karlsbrücke in die Moldau gestürzt. Nach seinem Tod entstand die Überlieferung, er sei deswegen Märtyrer geworden, weil er die Preisgabe des Beichtgeheimnisses an den König verweigert habe. Eher ist er Märtyrer für das vom König unabhängige Recht der Kirche anzusehen. Sein Leib ruht im Veitsdom in Prag. Sein 1693 auf der Karlsbrücke zu Prag errichtetes Standbild fand viele Nachbildungen, gerade in der Diözese Regensburg; meist mit Kreuz, Chorrock und Birett (= Kopfbedeckung), über dem Kopf ein Kranz mit fünf Sternen. Als Behüter des Beichtgeheimnisses, den Zeigefinger am Mund wird er als Brückenheiliger dargestellt und könnte in heutiger Zeit als Behüter des Datenschutzes gelten.

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