Einschusslöcher in der Turmkuppel und witterungsbedingte
Putzschäden am Mauerwerk machten eine Sanierung notwendig
Binabiburg. Ein stimmungsvoller altehrwürdiger historischer Ort, ein Ort der Besinnung und Kraft, wird für einige Monate aus seinem Schlaf gerissen. Ein turmhohes Gerüst wurde aufgestellt, das vier Meter hohe Turmkreuz aus seiner Verankerung gehoben und restauriert, die Kuppel teilweise neu mit Kupfer eingeschlagen, der alte Putz teils entfernt, der Turm neu verputzt und an anderen Stellen ausgebessert.
Die Jahreszahl 1979 am gemauerten Gesims unterhalb der Kuppel gibt die letzte Turmrenovierung der St. Salvatorkirche auf dem Dreifaltigkeitsberg bei Binabiburg an. Im Frühjahr 2003 wurden Schäden am Turm entdeckt. Die Schäden waren derart gravierend, dass eine Turmsanierung durch das diözesane Bauamt und das bayerische Landesamt für Denkmalpflege als dringend notwendig eingestuft wurde. Größere Putzflächen waren abgestoßen und heruntergefallen, Biberabdeckungen der Gesimse und Fensterbankschrägen gelockert und fielen schon zum Teil herunter. Eine Überprüfung von Geläut und Glockenstuhl ergaben am Aufleger des Glockenstuhles so gravierende Schäden, dass das Läuten der beiden größeren Glocken bis zu einer grundlegenden Reparatur untersagt werden musste. Nur noch die kleinste Glocke wurde geläutet.
Schon kurz nach der Turmsanierung im Jahre 1979 stand das Turmkreuz wieder windschief in seiner alten ausgeschlagenen Verankerung. Vor etwa 50 Jahren kam zum letzen Mal das Kreuz vom Turm herab. Der Vilsbiburger Dachdecker Seiffert hatte ohne Gerüst, nur mit Flaschenzügen und Umlenkrädern das schwere Turmkreuz aus der Verankerung herausgehoben und in einem Weidenkorb auf die Erde gebracht. Im Mai des heurigen Jahres wurde das Turmkreuz mit einem Autokran aus der Turmverankerung gehoben und dann in der Werkstatt des Kirchenmalers Josef Weilhammer von Gangkofen renoviert. Die vergoldete Kreuzkugel war das Ziel übermütiger Zielattacken bei Schießübungen und war daher mehrmals durchschossen. Die verfehlten Schüsse hinterließen Einschusslöcher in der barocken Turmkuppel. Dadurch war jahrelang Wasser eingedrungen was dazu führte, dass im oberen Teil der Kuppel die Bretter verfault waren und nun ausgewechselt werden mussten. Die letzten zwei Meter der Zwiebel wurden neu eingebrettert und mit vorgewittertem Kupferblech neu eingeschlagen. Ein neuer Turmkreuz-Haltebaum wurde dieses Mal nicht mehr aus Eiche, sondern aus Lärchenholz gefertigt. Der Haltebaum wurde geteilt und in der Mitte ausgefräst, damit hier der eiserne Kreuzschaft eingesteckt werden konnte, dann wieder zusammengeklebt und mit mehreren Eisenspangen stabilisiert. Hier an exponierter Stelle über dem Binatal auf dem etwa 47 Meter hohen Turm, wirken die Kräfte der Natur besonders und die Materialien die durch Wind und Wetter im Sommer und Winter extremen Witterungsverhältnissen ausgesetzt sind, müssen gut abgestimmt werden, dies war die Aufgabe des Architekten Heinrich Plinninger aus Gangkofen.
Die vergoldete Kugel am unteren Ende des Turmkreuzes hat etwa 60 cm im Durchmesser und ist ca. 80 cm hoch. Das Kreuz selbst misst insgesamt genau vier Meter, wovon der in der Kuppel sich befindende Halteschaft etwa 80 cm lang ist. Der obere Kreuz-Querbalken misst 140 cm, der untere 170 cm Ein ansehnliches „Scheyrer Kreuz“. Am unteren schmiedeeisernen Kreuzschaft ist die Jahreszahl 1715 eingeschlagen. Am Montag den 24. Mai wurde mit einem Autokran das restaurierte, neu vergoldete Kreuz auf die Turmspitze gebracht und dort gut und gerade verankert.
Der alte hölzerne Glockenstuhl aus Fichtenholz wurde schon des Öfteren ausgebessert und war bei der Überprüfung so unstabil, dass die Glocken nicht mehr geläutet werden durften. Dachte man zuerst an ein Auswechseln bestimmter Hölzer, so entschied man sich doch für einen vollkommen neuen Glockenstuhl aus Eichenholz. Die drei Glocken wurden vom alten Glockenstuhl herab genommen und in die Turmzwiebel gehängt. Die mächtigen Eichenbalken für das Bodenlager des Glockenstuhles wurden mit dem Autokran durch die Turmfenster gehievt. Von der Firma Rauscher aus Regensburg wurde ein neuer Glockenstuhl gefertigt und eingebaut sowie auch die elektrischen Läutemaschinen neu befestigt. Nun können wieder alle drei Glocken geläutet werden.
Die Arbeiten liegen bis jetzt gut im Zeitplan. Die Hälfte der Sanierungskosten sind bereits angefallen. Pfarrer, Dekan Walter Schnellberger hofft, dass die Sanierungsmaßnahmen im Kostenplan von ca. 190.000 € bleiben. Nachdem die Gesimse des Turmes und der Putz ausgebessert und mit einem leichten Gelb, dem anderen Kirchenbau in der Farbe wieder angepasst sind, kann das hohe Gerüst in einigen Monaten wieder entfernt werden und das Gotteshaus auf dem Dreifaltigkeitsberg seiner Ruhe und Abgeschiedenheit dem nächsten Bauabschnitt entgegensehen.
Kleine Baugeschichte
In der Regensburger Bistumsmatrikeln von 1508 und 1526 erscheint St. Salvator auf dem „Herrnberg“ oder „Berg des Erlösers“ bei Binabiburg noch nicht, erst in der Matrikel des Jahres 1559. Die Namensgebung der Salvatorkirche lautet auf der Landkarte des Philipp Apian von ca. 1560, zu „Unserm Herrn\".
Nach dem Willen des Binabiburger Pfarrherren Lorenz Zenelli, wurde durch sein am 21. Oktober 1709 gefertigtes Testament zum Bau eines Benefiziatenhauses auf dem St. Salvatorberg 1000 Gulden und zur Vergrößerung und Erweiterung der dortigen Kirche ein Kapital von 6000 Gulden angelegt. Zenelli konnte sich am neuen Kirchenbau aber nicht mehr erfreuen, da er am 4. Februar 1710 verstorben war und in der Pfarrkirche Binabiburg begraben wurde (Epitaph im Chor, links). Er wollte hier bei seinem gestifteten Benefizium und der neuen Kirche als erster Benefiziat wirken.
Am 3. Juli 1710 kam die Genehmigung für den Kirchenneubau, die mit einer Resolution an den Kammerer, Pfarrer Benno Stäbhueber in Gerzen erlassen wurde. Das alte Gotteshaus wurde bis auf den Chor abgerissen und bis auf eine Türe zugemauert, darinnen aber fünf Tage in der Woche, die von Lorenz Zenelli gestiftete Hl. Messe von einem Benefiziaten gelesen. Am 10. September 1710 wurde der erste Ziegelstein für den neuen Kirchenbau gesegnet. Der jungen Binabiburger Hofmarkbesitzer Baron Johann Franz Maria Freiherr von Neuhaus, hat in Vertretung eines Maurers „die Kölln und Mertl ergriffen und im Mittel der Mauer im Chor“ den ersten Stein vermauert. Bis zum Jahre 1716 dauerten die Bauarbeiten an der barocken Kirche die vom späteren Freisinger Hofmaurermeister Dominikus Glasl (1660 bis 1731) aus Zangberg ausgeführt wurden. So stimmt auch die Jahreszahl 1715, die heuer am restaurierten Turmkreuz gefunden wurde und das Ende des barocken Turmkuppelbaues mit dem Abschluss des Kreuzes nennt. Erster Benefiziat auf dem „Herrnberg“ war Johann Georg Oexl, gestorben am 18. Oktober 1712. Die Ausgaben und Materialien für den Kirchenbau von 1710-1716 sind im Archiv des Bistums Regensburg archiviert und im Einzelnen nachzulesen. Die Gesamtausgaben für den neuen Kirchenbau waren 8055 Gulden 35 Kreuzer.
An der westlichen inneren Turmwand der Kirche hängt eine doch sehr seltene große Bilddarstellung. Der am 4. Februar 1710 verstorbene Kirchenstifter Herr Lorenz Zenelli auf dem Sterbebett, daneben die Insignien der Geistlichkeit und des Sterbens, sowie sein Siegelwappen. Die Darstellung eines verstorbenen Geistlichen auf einem Gemälde – eine Rarität! Da der eigentliche Erbverwalter Benno Stäbhuber schon am 23. Juli 1713 in Gerzen verstarb, hatte der Binabiburger Pfarrer Domicus Sedlmayr die Verwaltung des Erbes von Pfarrer Zenelli übernommen.
Schon einige Jahre nach dem Neubau, im Jahr 1731 wird das Turmdach mit Kuppel für die hohe Summe von 466 Gulden repariert oder erneuert. 1747 werden eine neue Orgel für 235 Gulden und ein neuer Glockenstuhl für 38 Gulden 40 Kreuzer angeschafft. 1751 wird der Turm ausgebessert, die Helmstange und auch die Einfassung für den Friedhof (Pestfriedhof ?) erneuert. Das Anstreichen der Turmkuppel im Jahre 1758 kostete 167 Gulden. 1812 werden für die Reparatur der schadhaften Turmkuppel 252 Gulden aufgebracht. Größere Ausgaben waren nach großen Unwettern und Stürmen nötig. Von größeren Schäden durch Blitzeinschläge - da die Kirche doch hoch über dem Binatal steht -, ist in den Archivalien nichts vermerkt.
Bei den Bau - und Sanierungsarbeiten sind nach den Informationen vom ehemaligen Binabiburger Lehrer Rupert Lechner bisher vier Personen tödlich verunglückt. Aufzeichnungen über einige Unglücksfälle: Am 20. April 1716 verunglückte Michael Pauer. Er stürzte vom Turm, da das Seil gerissen war. Er wurde versehen und nach seinem Hinscheiden in Binabiburg beerdigt. Am 30. April 1872 stürzte der Mauerer Michael Krohl vom Gerüst und starb, ohne noch die Sakramente erhalten zu können. Er war kurz vorher gewarnt worden.
Die Arbeiten am Turm verlangen in dieser Höhe schon einiges an Können. Wind- und Wetterkapriolen wie es das heurige Jahr parat hat, machen es den Arbeitern nicht immer leicht, die Arbeiten zu einem guten Ende zu führen.